Stadt, Land und Verkehrsfluss

Ein Auto braucht vor allem einen Antrieb: den Spaß am Fahren.

Warum sich dem Fahrspaß nicht philosophisch nähern, wie es die Kollegen von „ramp“ getan haben: „Das Auto umschließt, schmiegt sich an, relativiert das Belanglose und übererregt das Unwichtige, es schirmt ab – um uns unmittelbar den Horizont zu eröffnen.” Versprochen wird in dieser schönen Theorie auch ein geschützter Eigenraum mit Aussicht auf unendliche Optionen. Dann wollen wir mal uns mal öffnen…

Überland statt überhand

Der Autor fühlt sich wie ein Hybrid. Er nimmt Überland gern seinen hocheffizienten Verbrenner, denn er entscheidet sich ganz gern spontan für längere Fahrstrecken. In der Stadt, häufig ebenso impulsiv, ist der Elektriker vom Carsharing ungeheuer praktisch. Der wilde Wechsel folgt einem Grundsatz: Den eigenen inneren Antrieb lassen sich Kolumnisten generell nicht gern vorschreiben. Autofahrer können, dürfen, wollen noch Individualisten sein. Fern jeglicher Ideologie, der Vernunft gehorchend (hoffentlich). Straßen eröffnen häufig neue Welten, manchmal auch direkt vor der Haustüre.

Lass‘ uns das Fluchtfahrzeug nehmen

Tatsächlich spielt die Sehnsucht nach der Rückmeldung der Straße eine große Rolle beim Unterwegssein. Beseelt auch durch eine kluge Auto-Autorin, die ins Fahrtenbuch schrieb: „Wie man Fortbewegung empfindet, ist eine Frage von Wahrnehmungsfähigkeit und Kenntnis, es sollten daran alle Sinne ebenso beteiligt sein ebenso wie der Verstand. Es bleibt dann immer noch genug jenseits des Rationalen.“ Autos sind Fluchtfahrzeuge. Jedenfalls, wenn man Zeit und Lust hat. Momente, die man niemand erklären muss, aber fühlen kann.

Immer der Nadel nach

Zurück zum Staunen, zum fort-bewegen, im tieferen Wortsinn. Der Startknopf formuliert die Liebeserklärung. Mal an die Umgebung, mal ans Fahren selbst. Endlich wieder spüren, warum nicht auch die Straße? Das kann dann schon mal ein paar Autobahnkilometer länger gehen als geplant. Die Tanknadel hält sich wacker, und nach Lektüre des Blogbeitrags über den Zustand der Ladesäulen im Fernverkehr sind wir auch ganz froh darüber, dass wir nicht ans Kabel müssen.

Hindernisse in der GTÜ-Hauptstadt

Städte sind, anders als Autobahnen mit ihrer klar definierten Spurbreite, kaum fassbar. Sie dehnen und pressen, ducken und öffnen sich. Die GTÜ-Hauptstadt Stuttgart mit ihrer Topografie ganz besonders. Zusätzlich ist für Autos ein täglicher Hindernisparcours aus Baustellen, Umleitungen, Parken in zweiter Reihe aufgebaut. Das macht beim besten guten Willen auch im E-Auto wenig Spaß. Im Sommer schon gar nicht, wenn wir uns angesichts des vom Vormieter hinterlassenen Batteriezustandes erst gar nicht an den Schalter für die Klimaanlage herantrauen. Aber grundsätzlich ist stromern in der Stadt sinnvoll, dafür würden wir sogar ein Stück unserer Autonomie aufgeben – irgendwann.

Tanzen oder rütteln?

Neil Diamond empfindet in seiner großartigen Großstadthymne “Beautiful Noise” die Choreographie des New Yorker Straßenverkehrs sogar als romantisch, sieht die Autos zum Takt der Lichter tanzen. Häufige Car-Sharer hierzulande frönen gern einem anderen musikalischen Spielchen nach der Anmiete: Immer das erste Lied auf dem Sender hören, den der Vormieter eingestellt hatte. Mit einer grundsätzlichen Ausnahme: Ballermann-Hits gelten als No-Go im Car-to-Go. Kürzlich kam es aber gar nicht so weit. Der Cinquecento sperrte sich hartnäckig, obwohl die App längst freie Fahrt signalisiert hatte. Die Hotline riet daraufhin: kräftig rütteln. Aber es rührte sich nichts. Kein Fahrspaß. Aber immerhin haben wir uns dabei selbst emotional aufgeladen, noch dazu völlig emissionsfrei.

Zwei Monde, zwei Welten

Vielleicht erscheint Ihnen diese Kolumne zu unentschieden. Das ist pure Absicht, denn der Fahrspaß besitzt seine ganz eigene Neutralität. Denn dieses Vergnügen ist keine Frage der Motorisierung, nur eine der Gelegenheit. Haruki Murakami lässt in seinen literarischen Meisterwerken auch zwei Monde erscheinen. Warum sollten wir also nicht in zwei Welten fahren können – und uns für das jeweils Beste entscheiden?

Walter De Silva: Der Meister der Linien

Die Blog-Serie zu den berühmtesten Automobildesignern, Teil vier.

Foto: Volkswagen

Sie bestimmen das Aussehen unserer Autos, und damit auch das, was wir im Alltag sehen oder fahren. Aber die Gesichter der Designer selbst bleiben in der Regel im Verborgenen. Stille Künstler. Dabei verbergen sich dahinter selbst echte Typen. In dieser Serie stellen wir einige der angesehensten Fahrzeugschöpfer vor. Diesmal:  Walter Maria de Silva, der ehemalige Chef-Designer von Alfa Romeo und Volkswagen, der nicht in Rente gehen kann und immer weiter Autos entwirft, auch für chinesische Hersteller.

Die Autoliebe beginnt im Kinderzimmer

Als kleiner Junge in Autos verliebt zu sein, ist keine große Kunst. Aber daraus später seinen Traumberuf zu machen, das schaffen nicht viele. Liebeserklärungen, das trifft sein Tun bei aller Schlichtheit vieler Entwürfe ganz gut – Love Stories auf vier Rädern. Der inzwischen 74 Jahre alte Italiener hat kein Modell vergessen, das er je gezeichnet hat: „Alle meine Autos sind wie Söhne für mich.“

Ein Italiener kleidet die deutschen Autos neu

So richtig kann man sich den gesetzten älteren Herrn kaum vorstellen, wie er da in Wolfsburg oder Ingolstadt kurz nach der Jahrtausendwende seine Erfahrungen aus dem Designzentrum von Alfa und Fiat auf die stolzen deutschen Autoschneider übertragen hat. Die Arbeit bei Seat, wo er den neuen León schuf, wies aber schon in die Richtung. Audi und Lamborghini waren die folgerichtigen nächsten Schritte im Markenensemble von Volkswagen, der Audi A6 und der Lambo Murciélago wurden prompt als „schönste Automobile der Welt“ ausgezeichnet. Soll er selbst die Autos bewerten, die er geschaffen hat, nennt er den A5 als seinen Favoriten.

Foto: Volkswagen

Klare und funktionale Handschrift

Jetzt, wo er in seinem eigenen Designstudio weiter die Zukunft gestaltet, kann er seine Thesen ohne große Umwege, Meetings und Lenkungskreise in die Tat umsetzen, frei nach seiner Grundthese: „Design ist eine multidisziplinäre Tätigkeit, die sich aus analogen und digitalen, ökologisch-nachhaltigen, ästhetischen und poetischen Komponenten entwickelt.“ Wenn es um Fahrzeugstudien, Flugzeugkabinen und Fitnessgeräte aus seinem Haus geht, wird das ihm verhasste Über-Design verhindert. Klar und funktional ist seine Handschrift, elegant aber darf sie auch sein.

Ohne Prinzipientreue geht es nicht

Nach 2007 galt seine ganze Schaffenskraft dem Volkswagenkonzern, zu den alten Bekannten Audi, Seat und Lamborghini gesellten sich auch VW, Skoda, Bentley und Bugatti. Kaum im Amt als Chefdesigner kümmerte er sich gleich um Golf, Passat und Scirocco. Insgesamt acht Jahre lang verantwortete Walter de Silva unprätentiös das Portfolio, eher er nach einer Pause in den Unruhestand zurückkehrte und seither unter eigenem Namen feine Sachen macht. Seine Schöpfungen haben nichts an Leichtigkeit verloren, und die Basis dafür ist ein simpler Satz: „Ein Auto muss mit zwei, maximal drei Linien definiert sein.“ Klingt simpel, ist aber alles andere als einfach. Es braucht vor allem Prinzipientreue.

Von der Hebebühne bis zur Boxengasse

Was Formel 1 und GTÜ-Prüfstelle gemeinsam haben

GTÜ-Prüfingenieurin Fanny Frey (links) und Formel-1-Renningenieurin Laura Müller (rechts) Quelle: Desing News

Wohin einen die Leidenschaft für Technik bringen kann: GTÜ-Prüfingenieurin Fanny Frey und Formel-1-Renningenieurin Laura Müller haben einen ähnlichen Antrieb, mit dem sie ihren Traum zum Beruf gemacht haben. Ein Blick in das tägliche Rennen:

Wie kamen Sie zu Ihrem Job?

Laura Müller ist seit dieser Saison als erste Frau leitende Renningenieurin in der Formel 1 und während der Rennen am Kommandostand für den Franzosen Esteban Ocon und dessen Rennwagen verantwortlich. 1991 am Bodensee geboren, hat sie in München Fahrzeugtechnik studiert und anschließend für das Abt-Team in der DTM gearbeitet, ehe sie 2022 als Performance-Ingenieurin zum Haas-Rennstall wechselte und vor dieser Saison befördert wurde.

Fanny Frey ist Prüfingenieurin bei der GTÜ auf der Schwäbischen Alb. In ihrem Alltag prüft Sie Kraftfahrzeuge, beschäftigt sich mit Änderungsabnahmen sowie unter anderem auch mit Gutachten für Historische Fahrzeuge. Sie hat 2019 ihr Studium der Fahrzeugtechnik in Esslingen abgeschlossen und sich danach für die Weiterbildung und Qualifizierung zur Prüfingenieurin entschieden. Seit vier Jahren ist sie nun mit Leidenschaft Prüferin bei der Götz Ingenieur und Sachverständigen GmbH in Albstadt.

Quelle: dpa

Warum musste es gerade dieser Job sein?

Fanny Frey: Ich war schon immer von Technik begeistert und habe bereits als Kind viel lieber mit Papa an Autos geschraubt, anstatt mit Mama ein Buch zu lesen. Nach meinem Realschulabschluss habe ich das Technische Gymnasium absolviert, natürlich folgte ein technisches Studium. Während des Studiums habe ich zwei Praktika bei Mercedes-AMG absolviert, und geschrieben. Nebenbei habe ich wieder gemerkt, dass die Arbeit am Schreibtisch keine Option für mich sein wird. Ich möchte den Kontakt und den Austausch mit Menschen. Jetzt habe ich alles, was mich begeistert.

Laura Müller: Nach dem Abitur wusste ich noch nicht, was ich später machen wollte. Physik hat mich nicht so interessiert, aber Sprachen und Mathematik. Danach habe ich ein Jahr in Australien verbracht. Dort gibt es eine starke Tourenwagenserie, und ich habe mich an meine Rennwagenbegeisterung als Kind erinnert. Ich war damals ein großer Fan von Michael Schumacher. So kam mein Berufswunsch zustande – ich wollte im Motorsport arbeiten. Ich wäre nicht zu diesem Job gekommen, wenn es nicht immer wieder Leute gegeben hätte, die an mich geglaubt hätten.

Wie sieht Ihr Job aus?

Laura Müller: Ich bin verantwortlich für alles, was den Formel-1-Rennwagen angeht – und möglichst viel Leistung aus der richtigen Fahrzeugabstimmung zu gewinnen. Außerdem gilt es, auch aus dem Fahrer ein Höchstmaß an Leistung herauszuholen. Als Renningenieurin muss man alle möglichen Dinge im Blick haben, um schnell Entscheidungen treffen zu können. Man muss dazu auch wissen, was die anderen im Team gerade tun. Die Verantwortung ist daher groß. Es geht aber auch um das Zusammenspiel mit dem ganzen Team und den Mechanikern und das Beste herauszuholen.

Fanny Frey: Ich prüfe täglich Kraftfahrzeuge jeglicher Klassen. Von PKW über 40-Tonner, Zweiräder bis zu Traktoren. Dafür bin ich vormittags größtenteils im Außendienst an Prüfstützpunkten, an denen ich die Hauptuntersuchungen durchführe und im engen Austausch mit Mechanikern und Werkstattmeistern bin. Nachmittags prüfe ich an unserer Prüfstelle. Hier bin ich von der Annahme/Anmeldung der Kunden bis zum Abschließen des Berichts für alles zuständig.

Was braucht es in Ihrem Job?

Fanny Frey: Viel Knowhow über jegliche Fahrzeuge, die sich auf den Straßen befinden. Den nötigen Sachverstand natürlich, aber auch ein Gefühl für Menschen, um das Ergebnis der Hauptuntersuchung übermitteln zu können. Mir ist es sehr wichtig, dass ich meine Kunden möglichst nah an meine Arbeit heranführen kann! Auf der einen Seite erhoffe ich dadurch Verständnis, auf der anderen finde ich es gut, meine Expertise an andere weiterzugeben!

Laura Müller: Ich lerne immer viel, gerade, was die direkte Kommunikation mit dem Fahrer angeht. Die Zusammenarbeit muss intensiv sein, damit wir beide zusammen am meisten Leistung aus uns herausholen können. Man muss sein ganzes Herz und alle Leidenschaft in diesen Job stecken. Und man braucht andere, die einem helfen. Harte Arbeit allein reicht oft nicht.

Was ist das Beste an ihrem Job?

Laura Müller: Ich sehe sehr schnell die Resultate meiner Arbeit – ob gut oder schlecht. Wenn ein Fahrer glücklich ist mit meinen Entscheidungen, ist das sehr befriedigend.

Fanny Frey: Die Mischung aus Kundenkontakt und Prüfvorgang sowie die Vielfalt an Fahrzeugen, die von einem Renault 4 Baujahr 1961 bis hin zu einem Audi A6 e-tron mit neuester Technologie reicht!

Spielt es für Kollegen und Kunden eine Rolle, dass Sie weiblich sind?

Fanny Frey: Ich höre tatsächlich sehr oft, dass es ungewöhnlich ist, eine Frau in diesem Beruf anzutreffen. Das ist auch völlig okay für mich, da der Frauenanteil tatsächlich sehr gering ist. Es beeinflusst aber mich nicht. Vielmehr freut mich, dass den Leuten auffällt, dass auch Frauen diesen Beruf ausüben können. Den ein oder anderen unangenehmen Spruch bekommt man natürlich auch zu hören, doch mit Humor und Gelassenheit schafft man es, dass solche Situationen einen nicht aus der Ruhe bringen.

Laura Müller: Ich konzentriere mich einfach darauf, einen guten Job zu machen, und ich werde nicht anderes behandelt als alle anderen. Schade finde ich nur, dass ich erst die erste Renningenieurin in der Formel 1 bin. Aber ich bin mir sicher, dass das die Sichtbarkeit der Frauen im Motorsport erhöhen wird. Wenn mich Mädchen und junge Frauen jetzt im Fernsehen sehen, denken sie, dass sie das auch schaffen können – und das ist doch klasse. Vor fünf oder zehn Jahren war das noch ganz anders. Ich kann alle nur sagen: Lasst Euch nicht verunsichern, wenn ihr diesen Job wollt!

Was sagen die Kollegen über Sie?

Fanny ist eine echte Bereicherung für uns“, sagt Kollege Marcel, „sie arbeitet äußerst gewissenhaft und prüft immer mit großer Sorgfalt. Sie hat immer ein offenes Ohr und weiß Rat, ganz gleich worum es geht. Man kann sich jederzeit auf sie verlassen, fachlich wie menschlich. Es macht großen Spaß, mit ihr zu arbeiten.“

Auch der Kollege Marcus ist der gleichen Meinung: „Mit Fanny zu arbeiten ist sehr angenehm. Sie ist freundlich und aufgeweckt. Sie nimmt ihren Job sehr ernst und findet auch noch den kleinsten Mangel.“

„Es ist wirklich großartig, mit Laura zu arbeiten. Sie ist eine hervorragende Ingenieurin. Allein, wie viele Stunden sie in ihren Job steckt ist sehr, sehr beeindruckend. Sie zählt sie nicht mal und vergisst gelegentlich das Essen“, sagt Formel-1-Pilot Esteban Ocon. Teamchef Ayao Komatsu lobt: „Laura ist ein sehr zielstrebiger Charakter. Wenn sie die Lösung für ein Problem gefunden hat, weiß sie, dass es gleich zehn neue Fragen zu beantworten gibt.“

Welche Ziele verfolgen Sie?

Laura Müller: Ich bin immer optimistisch, was die nächsten Ergebnisse angeht.

Fanny Frey: Meine Fähigkeiten, sowie mein Wissen stetig weiterzuentwickeln, wofür ich auch für jede neue Herausforderung offen bin.

Hinweis: Zum Teil wurde Material des F1 Teams verwendet.