Was tun nach dem E-Bike-Crash?

GTÜ-Partner erstellen mehr Gutachten für teure Elektrofahrräder

Ein oft teurer Crash – und eine Reparatur rechnet sich nicht immer

Suche den Fehler: In der Halle des GTÜ-Vertragspartners Stoll in Sindelfingen südlich von Stuttgart parken zwischen den beiden Gassen für Pkw-Hauptuntersuchungen und andere Fahrzeugabnahmen zwei Pedelecs. Vor Regen geschützte Fahrräder der Mitarbeiter? Mitnichten. Beide haben verzogene Vorderräder, den klassischen „Achter“. An einer Lenkstange pendelt der kleine Bordcomputer lose an zwei Kabeln, die Stange selbst ist krumm. Alles klar: So sieht ein Fahrrad nach einem Sturz aus. Aber wie groß ist der Schaden?

Experten für sämtliche Fahrradtypen

„Bereits seit 2016 erstellen wir Gutachten für Fahrräder, die durch Unfälle beschädigt sind“, erklärt Richard Stoll, Inhaber der GTÜ-Prüfstelle. Der E-Bike-Boom führt dazu, dass immer mehr beschädigte Fahrräder gutachterlich beurteilt werden. Ein Glücksfall war, dass einer der elf Sachverständigen seines Unternehmens schon seit vielen Jahren in der Bike-Szene aktiv ist und auch selbst schraubt. Mittlerweile arbeiten zwei Mitarbeiter auch als Fahrradsachverständige. Grundsätzlich nehmen die Experten Schäden an sämtlichen Fahrradtypen unter die Lupe. Aber besonders oft eben an E-Bikes und Pedelecs. Denn bei diesen geht es rasch in hohe Preisregionen, ein zweirädriges Unfallopfer mit Elektromotor kann durchaus 5.000 Euro und mehr kosten. Teure, leichte Rennräder für 10.000 Euro wurden auch schon begutachtet.

Datenbank als Helfer

Die Sachverständigen nutzen bei ihren Gutachten eine Datenbank mit Durchschnittswerten für Instandsetzungsarbeiten. Aus dieser geht hervor, wie viel Zeit Mechaniker für den Austausch beispielsweise einer Vorderradgabel, eines Rahmens oder der Gangschaltung in der Regel aufwenden. Diese Daten fließen in die abschließende Schadenbewertung ein. Darüber hinaus recherchieren sie die Ersatzteilpreise für beschädigte Komponenten, fragen direkt bei Herstellern nach. Schwieriger liegt ein Fall, wenn ein Fahrrad mit hochwertigen Teilen optimiert worden ist. Aus allen verfügbaren Informationen erstellen die Gutachter eine Kalkulation, die den Wert des beschädigten Fahrrads seiner Wiederbeschaffung gegenüberstellt.

Ein neues Bike als Ersatz

„Beim E-Bike übersteigen die Reparaturkosten häufig den Wiederbeschaffungswert“, weiß GTÜ-Partner Richard Stoll. Akkus, Gabeln und Rahmen sind bei diesen Fahrrädern nicht billig. Ist das Rad noch recht jung, bezahlt die Versicherung des Unfallverursachers in vielen Fällen ein komplett neues Bike. Ob eine Wertverbesserung erfolgt, hängt von vielen Faktoren ab. Womöglich verfügt die aktuelle Modellgeneration über mehr Leistung oder eine höhere Akkukapazität, so dass ein Mehrwert entsteht.

(Bild: unbox-guy / Unsplash)

Achtung bei der Garantie

Übrigens: Die Herstellergarantie erlischt nach einem Unfall. Zudem gilt sie bei den meisten Fahrradmarken – anders als beim Auto – nur für den Erstbesitz. Also aufgepasst: Manche Versicherungen pochen auf den Kauf eines gebrauchten Fahrrads als Ersatz für einen Totalschaden, doch eine Herstellergarantie gibt es dann nicht mehr. Wie bei defekten Autos kann sich ein Geschädigter die ermittelte Summe für Instandsetzung oder Ersatz von der Versicherung ausbezahlen lassen.

Endstation Verschrottung

In einer Garage neben dem modernen GTÜ-Gebäude zieht Richard Stoll zwei Fahrradrahmen aus einem Regal, einer aus Aluminium und der andere aus Karbon. Für den Laien fühlt sich schon der Metallrahmen leicht an, und erst recht gilt das für den supersteifen und superleichten Verbundfaserrahmen. Beide tragen deutliche Unfallspuren. „Sie warten auf die Verschrottung. Damit sie auf keinen Fall in Ebay landen und vielleicht wiederverwendet werden“, sagt Richard Stoll. Denn ein mit einem so stark beschädigten Rahmen neu aufgebautes Fahrrad wäre von vornherein ein Kandidat für den nächsten Unfall.

Kinder, Fahrräder, Straßenverkehr

Mit der GTÜ sicher auf dem Weg

Familiensache: Kinder auf dem Fahrrad benötigen doppelte Aufmerksamkeit

Während der Schulferien wird so mancher Fahrradständer vor Schulgebäuden und neben Kindergärten installiert, repariert, renoviert. Ihr Einsatz ist bald gefragt: Sie bieten Halt für eine bunte Menge Kinderfahrräder. Lob kommt aus den Reihen der Pädagoginnen und Pädagogen: „Gut so, denn jedes Fahrrad erspart ein Elterntaxi!“ Diesem Apell schließt sich die GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung gern an. Zugleich fasst die Prüforganisation ein paar Vorschriften zusammen, die ein sicheres Miteinander von manchen kleinen Fahrradfahrern und vielen großen Fußgängern auf dem Schulweg regeln.

Klare Regeln für die Kleinen

Da ist es nur gut, wenn die Eltern die Kleinen mit ein paar Regeln für den Verkehr auf Gehweg und Straße vertraut machen. Die Straßenverkehrsordnung (StVO) fasst manches zusammen. Kinder dürfen ab einem Alter von sechs Jahren am Straßenverkehr teilnehmen, sofern ihr Kinderfahrrad den Vorschriften entspricht. Dazu gehören zwei Bremsen, Lichtanlage und Reflektoren. Den erfahrenen GTÜ-Experten liegt am Herzen, dass sich Erwachsene in Sichtweite von Kindern besonders genau an alle Verkehrsregeln halten. „Die Vorbildfunktion ist gar nicht zu überschätzen“, betonen die GTÜ-Experten, „einen Helm zu tragen gehört unbedingt dazu.“

Früh gelernt: Nie ohne Helm

Bis acht Jahre Gehweg-Pflicht

Altersgrenzen spielen eine große Rolle: Bis zum achten Geburtstag müssen die Kinder auf dem Gehweg fahren, natürlich mit Rücksicht auf Fußgänger. An Kreuzungen und Einmündungen sowie beim Überqueren der Fahrbahn sollen sie absteigen und ihr Rad schieben. Bis sie zehn Jahre alt sind, dürfen die jungen Radler wählen zwischen dem Gehweg und der Fahrbahn oder dem Radweg. Sind sie zehn oder älter, gelten die Regeln wie bei Erwachsenen (§ 2 Abs.5 StVO). Auch wenn manche Kinder zu diesem Zeitpunkt ihr Rad geradezu artistisch beherrschen und gekonnt Fußgänger umrunden: Der Gehweg ist ab dann gesperrte Zone. 

Kundige Begleitung erlaubt

Eine Ausnahme gibt es: Ist ein Kind noch keine acht Jahre alt, darf es durch eine Person von mindestens 16 Jahren auf dem Gehweg begleitet werden. Das Absteigegebot bei Fahrbahnüberquerungen gilt auch für diese Begleiter. Laut StVO darf „der Fußgängerverkehr weder gefährdet noch behindert werden“. Familien mit zwei Erwachsenen oder einem älteren Kind müssen sich somit trennen. Auf baulich abgetrennten Radwegen dürfen Kinder jeden Alters radeln.

Transport im Kindersitz

Und falls diese jungen Menschen eben doch noch nicht so weit sind, um mit dem eigenen Zweirad am Straßenverkehr teilzunehmen? Auch für den Transport der Kinder gibt es klare Regeln. Wer die Kleinen auf dem Rad oder im Anhänger mitnimmt, muss mindestens 16 Jahre alt sein. Dazu müssen besondere Sitze für die Kinder am Fahrrad befestigt sein. Samt der Vorrichtungen, damit die Füße nicht zwischen die Speichen geraten können. Für Säuglinge ist der Kindersitz nicht geeignet, weil sie noch nicht aufrecht sitzen können. Nach oben ist das Altersgrenze für die Kinder auf maximal sieben Jahre begrenzt. Diese gilt nicht, wenn das beförderte Kind ein Handicap hat (§ 21 StVO Abs. 3). 

Zu zweit im Anhänger

Bis zu sieben Jahre alt dürfen Kinder auch sein, die in einem geeigneten Fahrradanhänger transportiert werden. Darin können sie auch zu zweit Platz nehmen. Laut dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub ADFC ist der Transport von älteren Kindern mit Lastenfahrrädern möglich, wenn dies aus der Beschreibung des Herstellers hervorgeht. Voraussetzung ist eine geeignete Sitzgelegenheit für jede Person samt Haltegriffen oder Trittbrettern.

Die Qual der (Mobilitäts-)Wahl

Ob nun Fahrrad-Kindersitz oder ein Radanhänger sinnvoller ist, hängt vom Einsatzgebiet ab. Für Kurzstrecken ist der Fahrradsitz gut geeignet. Ein temperamentvolles Kind hinten im Sitz kann allerdings die Balance stören. Der Anhänger ist sperriger beim Rangieren oder auf engen Wegen. Aber er bietet einen durchaus bequemen Platz für zwei und dazu Raum für Speisen, Trinkflasche oder Spielzeug.

Gut zu wissen: Bei der GTÜ erhalten Sie einen kostenlosen Ratgeber zum Thema „Kinder sicher unterwegs“.

Den Partikeln auf der Spur

Neue Messtechnologie der GTÜ

Neue Technik im GTÜ-Prüflabor: Dennis Ansari (Laborleitung GTÜ-Prüfmittelservice)

Da könnte Sherlock Holmes neidisch werden: So genau wie nie zuvor sind die Prüfingenieure der GTÜ der Partikelanzahl im Abgasstrom von Euro-6-Dieselmotoren auf der Spur. Nicht mit der Lupe eines Meisterdetektivs, sondern mit einer neuen Generation von Messgeräten, die derzeit flächendeckend in den Prüfstützpunkten von den GTÜ-Partnern eingeführt wird. „Mit dieser Messtechnik ergibt sich ein erhebliches Verbesserungspotential für die Ziele der Luftreinhaltung, weil wir fehlerhafte Abgasreinigungssysteme nun deutlich besser erkennen“, erklärt Marco Oehler, Technischer Leiter der GTÜ. Die neuen Messgeräte erfüllen eine seit dem 1. Juli 2023 geltende Anforderung. 

Eine saubere Geschichte

Die jüngste Weiterentwicklung der Messtechnik gehört zu einer langen Geschichte von kleinen und großen Schritten zugunsten einer besseren Luftqualität: Die Abgaswerte von Benzin-, aber vor allem Dieselmotoren sind über die Jahre kontinuierlich verbessert worden. Dieselmotoren der Kategorie Euro 6 genießen heute einen besonders guten Ruf. Ihr Abgasausstoß ist gegenüber den Selbstzündern der 1950er- bis 1980er-Jahre drastisch verringert. Die technische Entwicklung wurde von Abgasnormen und deren Überwachung entscheidend beeinflusst. Folgerichtig führen Prüforganisationen wie die GTÜ immer strengere Kontrollen aus.

Alles begann mit dem Kat

Seit rund einem halben Jahrhundert rückt die Luftreinhaltung vor allem in stark belasteten Innenstädten ins Blickfeld. Vor nahezu vier Jahrzehnten begann der Siegeszug des geregelten Katalysators bei Benzinern. Manche erinnern sich an die Abgassonderuntersuchung (ASU). Längst ist von einer Sonderuntersuchung keine Rede mehr, die Abgasuntersuchung (AU) erfasst auch Diesel-Pkw oder Motorräder. Nur konsequent: 2010 verschwindet die AU-Plakette am vorderen Nummernschild der Pkw, die AU wird in die Hauptuntersuchung (HU) integriert. Die Prüfplaketten belegen, dass ein Triebwerk die immer anspruchsvolleren Abgasnormen erfüllt.

Genauer als genau

Die Qualität der Kontrollgeräte muss mit den Vorschriften mithalten können. Und hier ist die bisherige Trübungsmessung (Fachleute sprechen von der Opazimeterprüfung) an ihre Grenzen gestoßen: Es konnte passieren, dass Motoren trotz nicht mehr optimaler Abgaswerte mit dieser Messmethode nicht aufgefallen sind. Das aktuelle Prüfverfahren hingegen kann die Zahl der Partikel im Dieselabgas konkret ermitteln und prüfen, ob der Grenzwert von 250.000 Partikeln pro Kubikzentimeter Abgas eingehalten wird. Um die nun geltenden Maßgaben zu erfüllen, entwickelte die Branche eine neue Generation von Messgeräten. Die technischen Anforderungen für diese Partikelzähler wurden im Jahr 2021 von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) gemeinsam mit den betroffenen Organisationen ausgearbeitet.

Der Aufwand lohnt sich

Ob sich der Aufwand lohnt? Und wie! Es läuft zwar nur eine eher geringe Zahl dieser modernen Dieseltriebwerke nicht vorschriftsgemäß. Aber eine 2018 ausgeführte und 2020 von der Bundesanstalt für Straßenwesen veröffentlichte Studie hat gezeigt, dass diese 2,4 Prozent aller getesteten Fahrzeuge wegen ihres mangelhaften Abgassystems ungefähr 90 Prozent der Partikelmasse des gesamten Testfelds von 420 Euro-6-Diesel-Pkw ausgestoßen haben. „Da leuchtet rasch ein, wie wichtig die Vorschrift für die neue Messtechnik ist“, sagt Marco Oehler. 

Die Gebühren steigen nicht

Neben dem guten Gefühl, einen sauberen Wagen zu fahren, gibt es noch eine zweite gute Nachricht für den Autofahrer: Da die Prüforganisation bei der Abrechnung keinen Unterschied hinsichtlich der Analysetechnik für Abgase macht, bleiben die Kosten für die Autofahrer trotz des aufwendigeren Prüfverfahrens identisch mit den Kosten der Fahrzeuguntersuchung anderer Abgasklassen.

Ein neues Partikelmessgerät aus der Nähe betrachtet