Fünf Oldtimer-Touren für spontane Genießer

Von Südböhmen bis in den hohen Norden.

Die Saison ist eröffnet, der Klassiker läuft nach der Winterpause auf allen Zylindern, sein Chrom blitzt in der Sonne – wer würde jetzt nicht ganz spontan loswollen? Ohne große Vorbereitung, ohne Planen und Buchen. Einfach dahin, wo das Fahren im Old- oder Youngtimer noch Spaß macht, wo die Straßen nicht zu voll sind und es auch in der Saison noch Hotelzimmer gibt, falls die Tagestour zum Wochenend-Trip wird. Wir haben da mal was vorbereitet: fünf flexible Oldtimer-Touren für Genießer. Weil die Freude am Fahren manchmal viel näher liegt als gedacht!

Kleiner Grenzverkehr: Bayerischer Wald und Südböhmen

Wir beginnen tief im Süden, gleich hinter Regensburg, wo in den Siebzigern schon der junge Walter Röhrl durch die Wälder heizte. Wer’s heute gemütlich angehen lässt, hat mehr von seiner Tour durch den Bayerischen Wald mit seinen kurvigen, aber fast immer bestens ausgebauten Nebenstrecken. Richtig spannend wird’s für Nostalgiker ein paar Kilometer weiter, hinter der tschechischen Grenze, wo fast jeder Kleinstadt-Marktplatz nach Freilichtmuseum aussieht. Etwa zwei Stunden dauert es von Passau in die Biermetropole České Budějovice, wo sich neben der unvermeidlichen Brauereiführung ein Abstecher ins Stadtzentrum mit seinen Arkadenhäusern lohnt. Eine halbe Stunde näher an der Grenze liegt Český Krumlov, dessen Altstadt den Vergleich mit Rothenburg ob der Tauber locker besteht, Liebhaber der böhmischen Lebensart nehmen das Gulasch mit Knödeln übrigens in einer der vielen Dorfkneipen unterwegs: dort, wo Hostinec über dem Eingang steht und nicht Restaurace.

Barock und Nachkriegsmoderne: Škoda 110 R im Stadtzentrum von Český Krumlov. Foto: Andreas Beyer

Oberschwaben und Oberjoch-Passstraße: Die Welt ist eine Kurve

Am Bodensee ist es natürlich schön, aber oft so übervoll, das Autofahren keinen Spaß mehr macht. Kenner der kontemplativen Fortbewegung biegen deshalb schon in Oberschwaben ab, denn im ländlichen Dreieck zwischen Lech, Schwäbischer Alb und Bodensee ist Platz für alle. Liebhaber der Autogeschichte fangen am besten in Bad Waldsee an, wo das famose Erwin-Hymer-Museum die Geschichte des motorisierten Fernwehs erzählt, oder fahren nach Wolfegg, ins kuschelige Automuseum beim Schloss. Alle anderen richten ihre Kühler nach Wangen aus, wo sich die Altstadt für den ersten Zwischenstopp eignet, machen eine kurze Pause am Rottachsee bei Oy und stürmen dann die Oberjoch-Passstraße, die ihre 106 (oder je nach Quelle 107) Kurven auf etwas mehr als sechs Kilometer Fahrtstrecke verteilt. Wer sich im Panoramablick auf die Allgäuer Alpen versenken will, darf den Aussichtspunkt Kanzel nicht verpassen (ein Café gibt’s da auch).

Pfälzer Wald und Weinstraße: Die Reben der Anderen

Es muss ja nicht die ganze Deutsche Weinstraße sein, die sich von Bockenheim bei Grünstadt bis nach Schweigen an der französischen Grenze spannt: Die Pfalz besteht schließlich nicht nur aus Reben, sondern auch aus beinahe endlosen Wäldern, deren Steigungen und Serpentinen das Herz des Genussfahrers wärmen. Die Großen des internationalen Rallyesports wusste das lange zu schätzen, die Rallye Vorderpfalz war in den Siebzigern für ihre stimmungsvollen Wertungsprüfungen im Modenbachtal und auf der Totenkopf-Passstraße berühmt. Für die ganz große Runde empfiehlt sich ein beliebig langes Stück Weinstraße mit anschließendem Schlenker nach Frankreich, rüber nach Wissembourg und von da aus ins lothringische Bitche, mit Abstecher zur berühmten Zitadelle. Und dann zurück über die Grenze, durchs westpfälzische Pirmasens und tief durch den Pfälzer Wald bis nach Neustadt an der Weinstraße oder Bad Dürkheim.

Weinberge und Wälder: die Pfalz, ein Paradies für Wanderer mit und ohne Motor. Foto: Gemeinde St. Martin

Brandenburg: So kennt es (fast) keiner

Den Ortsnamen Wittstock/Dosse haben wir fast alle schon mal gelesen – auf den großen blauen Schildern entlang der Autobahn von und nach Berlin. Jetzt ist es Zeit, da mal abzubiegen, denn die vielen Alleen Brandenburgs eignen sich ganz wunderbar für eine Genießer-Tour zum Saisonbeginn. Und auch für ein paar Zwischenhalte sollte Zeit sein, für die historische Innenstadt von Wittstock beispielsweise oder die monumentale Tuchfabrik aus dem Jahr 1905, mit der ein gewisser Emil Quandt den Wohlstand der heutigen Unternehmer-Dynastie begründete. In Mildenberg, einem Ortsteil von Zehdenick, lohnt sich der Stopp am Ziegeleipark, einem Industriemuseum mitten im Grünen. Und danach geht’s durch den Nationalpark Stechlin mit seinen über 180 Seen und Rotbuchenwäldern.

Die Spur der Steine führt mitten ins Grüne, zum Ziegeleipark in Mildenberg. Stilvoll einkehren kann man dort auch.
Foto: Ziegeleipark Mildenberg

Holsteinische Schweiz: Kopfkino im Norden

Wälder, Seen und Rapsfelder, soweit das Auge reicht, Alleen und kleine Landstraßen, reetgedeckte Katen und prächtige Schlösser – und das alles ist gerade mal eine Autostunde von Hamburg entfernt: Die Holsteinische Schweiz macht selbst einen mild motorisierten Klassiker zum Alltags-Fluchtwagen. Und wer nicht nur fahren will, sondern auch flanieren und entdecken, findet hier viele reizvolle Haltepunkte. Das Plöner Schloss mit seinem weitläufigen Garten gehört dazu und – quasi nebenan – die Prinzeninsel mit ihrem Sandstrand und dem traditionsreichen Gasthaus. Die ultimative Kulisse für Besitzer deutscher Klassiker aus den Fünfzigern ist das restaurierte Gut Rothensande am Kellersee in Malente, das heute ein Luxusresort ist und natürlich Immenhof heißt – so wie die Nachkriegs-Heimatfilme. Wer es günstiger mag und noch mehr bundesdeutsche Geschichte inhalieren möchte, kann als Gast in der früheren Verbandssportschule übernachten, wo 1974 Franz Beckenbauer die späteren Weltmeister in der Schulküche auf den „Geist von Malente“ einschwor. Passt schon: Das Kopfkino läuft in dieser Gegend immer mit.

Als das Lenkrad noch verpackt werden musste

Das Museum des vergessenen Autozubehörs: die Kamei-Avus-Lenkradhülle

Hülle, Hülle, Hülle: Der Erfolg des Avus-Überziehers ist aus heutiger Sicht tatsächlich ein Wahnsinn. Fast kein Käfer-Fahrer will auf das kuschelweiche Griffgefühl verzichten. Foto: Stephan Lindloff

Willkommen in der wunderbaren Welt der kleinen und großen Dinge, die das Auto ein bisschen schöner und besser machen: Wir wühlen im Regal der Zubehörgeschichte und zeigen die vergessenen Extras von gestern. Gefunden haben wir diesmal die Kamei-Avus-Lenkradhülle, die über 100 Millionen Autofahrer in den Händen gehalten haben.

Karl Meier ist der Vater des Sponsors

Manchmal ist Karl Meier einfach früher dran als der Trend. Bei der Erfindung des Frontspoilers ist es so, Meier zeigt ihn bereits 1953 auf den Genfer Salon. „Doch die Leute hielten ihn für einen Schneepflug“, wie sich sein Sohn Uwe später erinnert. Dass der Käfer gerne ein bisschen komfortabler sein dürfte, weiß im Deutschland der Adenauer-Ära dagegen jedes Schulkind. Und deshalb sind es die anderen, weniger erklärungsbedürftigen Produkte der jungen Firma Kamei, mit denen Karl Meier das große Geld verdient.

Passend zum Produktnamen Avus macht Kamei 1966 eine Zubehör-Boutique auf dem Berliner Kurfürstendamm auf. Foto: Kamei

Schlummerkissen und Autoblumenvasen

Schicke Schonbezüge für die Sitze gehören dazu und das „Schlummerkissen für das Nickerchen im Wagen“, wie der Kamei-Prospekt damals wirbt: Der Beifahrer kann es mit Saugnäpfen an der Seitenscheibe befestigen. Auch Nachrüst-Kopfstützen hat Kamei schon früh im Programm, eine unfallsichere Autoblumenvase aus Gummi und eine patentierte Beinstütze, die „das unkomfortable Abkippen der rechten Wade“ beim Gasgeben verhindert. Alles das wird das junge Wolfsburger Unternehmen in bis zu sechsstelligen Stückzahlen los. Doch kein Zubehörprodukt des Wolfsburger Unternehmens verbreitet sich so massenhaft wie die berühmte Lenkradhülle, die 1964 zum ersten Mal im Kamei-Programm erscheint.

Besonders im Sommer fehlt es am Grip

Das Problem, das hinter dem Verkaufserfolg steckt, betrifft nicht nur den Käfer, sondern fast jedes Auto jener Jahre: Die Lenkräder bestehen aus glattem Kunststoff, der sich im Winter kalt anfühlt und im Sommer glühend heiß werden kann. Auch der Handschweiß vereitelt dann das griffige Lenkgefühl, das sportliche Autofahrer lieben, weshalb viele von ihnen zu speziellem Autohandschuhen greifen. Dass die großen, dürren Lenkräder oft seltsam nackt aussehen, kommt erschwerend dazu.

„Keine Schweißbildung – im Winter kein kaltes Lenkrad“: Das bleibt bis tief in die Achtziger ein wichtiges Werbeargument.

Ein weicher Überzieher mit 970 Luftlöchern

Karl Meier aus Wolfsburg hat eine günstige Lösung parat, denn sein „Lenkradschoner Porotherm“ löst die Kontaktprobleme mit aufgeschäumtem Kunstleder, das sich kuschelweich um dem Lenkradkranz schmiegt. Noch dazu bewirken 970 kleine Löcher im Kunststoff „einen ständigen Luftaustausch, der die Hände beim Lenken entspannt und frisch hält.“ Und: Das weiche Porotherm filtert lästige Motorvibrationen zumindest teilweise weg. Es wird schick, das Lenkrad in Schaumkunstleder zu packen, obwohl sich die Hülle anfangs noch nicht wirklich gut am Kunststoffkranz befestigen lässt.

Dank der angeschweißten Wickelschnur sitzt die Hülle unverrutschbar auf dem Lenkradkranz. Mitunter tauchen sogar noch original verpackte Exemplare aus den Siebzigern auf. Foto: eBay

Die Profis fädeln und wickeln

Doch auch dieses Problem hat Kamei bald im Griff: Mithilfe einer angeschweißten Wickelschnur und eines sogenannten Fädelstäbchens lässt sich der Überzug fest mit dem Lenkrad verzurren. Echte Snobs schaffen es sogar, zwei Lenkradhüllen übereinander zu ziehen, was ein besonders feudales Griffgefühl entstehen lässt. Außerdem trennt sich Kamei vom künstlichen Produktnamen Porotherm und nennt die Lenkradhülle jetzt Avus. Die Berliner Rennstrecke ist damals jedem Sportfahrer ein Begriff, dazu passend eröffnet Kamei 1966 eine Autozubehör-Boutique auf dem Kurfürstendamm. Ganz groß im Schaufenster: die atmende Lenkradhülle Avus Super.

„Griffig, weich, handsympathisch“: Anfangs heißt die Lenkradhülle noch nach dem neuartigen Schaumstoff, aus dem sie besteht. Foto: Archiv Christian Steiger

Selbst Amerika lechzt nach der Avus-Hülle

Natürlich beschränkt sich deren Verbreitung nicht nur auf den deutschen Markt. Erst greift ganz Europa zu, dann erobert Meiers 18-fach patentierter Bestseller auch Japan und Amerika, wo er sogar auf der Rückseite des Albums „Bad Girls“ von Donna Summer zu sehen ist. In den Neunzigern, bietet Kamei die Überzieher sogar unter den Namen „Route 66“ mit Lederbeschichtung und „Go Hollywood“ in Pastellfarben an. Kurz darauf ist die Zeit der glatten Lenkräder allerdings vorbei: Fast jedes Auto hat jetzt einen Lenkradkranz aus weichem Kunststoff, weshalb Kamei die Produktion nach über 100 Millionen Exemplaren einstellt.

Ab 15 Euro: Noch gibt es neuen Nachschub

Wer eine Avus-Hülle für seinen Klassiker braucht, wird jedoch immer noch fündig: Original verpackte Restposten tauchen im Internet und auf Oldtimermärkten recht häufig auf. Zwischen 15 und 50 Euro kostet es, das authentische Porotherm-Gefühl der Sechziger spüren – oder eben zu erneuern: Denn auch der Wunder-Kunststoff wird nach Jahrzehnten so hart und glatt wie ein Lenkradkranz.

„Für mich gibt es nichts Besseres als Avus Super“: Rennfahrer Hans Herrmann wirbt um 1975 im neuen VW Golf für das Kamei-Erfolgsprodukt.
Foto: Kamei

Der Große unter den Kleinen wird stolze 70

Im Frühjahr 1955 erscheint der Bestseller Fiat 600

Die vorne angeschlagenen Türen verraten einen Fiat 600 D ab Baujahr ’64. Im selben Jahr erscheint der modernere 850, doch der 600 bleibt weiter im Programm. Foto: Stellantis

Den Fiat 500 lieben alle, doch den etwas größeren 600 scheint die Welt vergessen zu haben. Seine Fans finden das nicht schlimm: Auch der andere Bestseller des Fiat-Programms bietet das filterlose Fahrgefühl der Fünfziger, ist heute aber das seltenere und auch günstigere Auto. Und feiert in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag.

Es beginnt mit einem Befehl

Schließen Sie sich in ein Zimmer ein“, spricht der Fiat-Generaldirektor Gaudenzio Bono, „und kommen Sie erst heraus, wenn die Zeichnungen fertig sind.“ Nicht alles ist in den Fünfzigern einfacher als heute, das Erteilen von Befehlen aber anscheinend schon. Es ist ja kein Werkstudent, dem Bono das sagt, sondern Dante Giacosa, immerhin der Chefentwickler von Fiat. Und das Ergebnis ist keine Studie, die auf irgendeiner Messe glänzt und dann verstaubt, sondern einer der wichtigsten Kleinwagen seiner Zeit, den Fiat 600. Einer, der nicht nur Italien motorisiert, sondern die halbe Welt, nur weiß die das heute nicht mehr.

Der Fiat 600 ist nur 3,22 Meter kurz, eignet sich aber trotzdem für kleine Familien. Mit etwas gutem Willen passen sogar vier Erwachsene rein.
Foto: Stellantis

Niedlich, aber ewiger Zweiter

Er ist einer dieser stillen Helden, die im Schatten eines größeren Kollegen stehen. Allerdings ist der Größere hier der Kleinere: Weil der Fiat 500 noch ein bisschen niedlicher aussieht als der 600, gehört er für die Nostalgiker zum italienischen Alltag wie kein anderes Auto. Dabei ist der Fiat 600 schon ein Bestseller, als der Cinquecento 1957 erscheint. Und er wird es bis zum Ende seiner Tage bleiben, denn wer seinen Fiat nicht nur braucht, um über die Dörfer zu gurken, der nimmt auch weiterhin den 600er. Er ist das erwachsenere Auto, das auch auf der Autostrada mitspielen kann. Oder auf der Bundesautobahn, denn auch bei uns in Deutschland ist der Fiat 600 ein Erfolgsmodell.

Ganz einfach, aber nicht primitiv

Allzu lange wird Dante Giacosa nicht im zugesperrten Büro sitzen, schließlich ist in den Dreißigern schon der Topolino auf sein Konto gegangen. Leichter und kleiner als der Topolino soll der Nachfolger sein, so fordert es das Fiat-Management, und gerne auch etwas geräumiger, gerade im Fond. Giacosa schafft es mit einer selbsttragenden Karosserie und dem Verzicht auf die lange, schwere Kardanwelle, denn Motor und Getriebe sitzen jetzt im Heck. Ein vollgetankter Fiat 600 wiegt genau 600 Kilogramm, nur der Lloyd und das Goggomobil sind leichter. Doch an den Schliff und die Fahrkultur des kleinen Italieners kommt keiner der deutschen Konkurrenten heran.

Anfangs müssen 19 DIN-PS reichen, 1960 werden es dann 25. Nicht nur das Temperament des wassergekühlten Vierzylinders überzeugt damalige Käufer, sondern auch seine Laufkultur: In der kleinen Klasse sind sonst luftgekühlte Zweizylinder üblich.
Foto: Burkhard Steins/Pre Select

Der Käfer siegt nur auf der Autobahn

Selbst die stolzen Käfer-Fahrer werden nachdenklich, als im Frühjahr 1955 die ersten Fiat 600 über den Brenner kommen. Auf der Autobahn ist die Welt gerade noch in Ordnung, denn wenn der Fahrer eines 30-PS-Käfers sich auf das Gaspedal stemmt, hält er den Fiat auf Distanz. Doch auf der Landstraße „läuft ihm der kleine Kerl glatt davon“, wie das Fachblatt „auto motor und sport“ damals schreibt. Berichtet wird auch von Porsche- und Mercedes-Besitzern, die den fahraktiven Fiat nach einer Proberunde am liebsten behalten würden. Neben dem Gefühl der Schwerelosigkeit ist es vor allem die direkte Lenkung und die präzise Schaltung, die imponiert. Und obwohl der Fiat nur 3,22 Meter kurz ist, passen vier Erwachsene rein. Zum ersten Mal kann kleiner beim Auto auch besser sein.

Die feineren Fiat kommen aus Heilbronn

Ein billiges Auto ist der 600er übrigens nicht: Er kostet 590.000 Lire oder 4.280 Mark, fast so viel wie der Käfer. Seinen Erfolg hält das nicht auf, weshalb im Sommer 1956 auch die Produktion im Heilbronner Fiat-Montagewerk beginnt. Offiziell heißt er dort nicht Fiat 600, sondern NSU-Fiat Jagst, nach einem Fluß in der Nachbarschaft. Über 170.000 Exemplare des italienischen Bestsellers kommen bis 1969 aus dem württembergischen Unterland. Sie gelten Insidern stets als die etwas feineren Fiat.

Der Jagst-Schriftzug auf dem Motordeckel verrät einen NSU-Fiat aus deutscher Produktion. Dazu verbreiten Drahtspeichen-Räder einen Hauch von Exotik: Der 600er ist in den Sechzigern ein beliebtes Tuningobjekt.
Foto: Burkhard Steins/Pre Select

Der 600er wird zum Weltauto

Vor allem dadurch unterscheidet sich der Fiat 600 vom kleineren Cinquecento: Der eine ist ein Sinnbild Italiens, der andere ein Weltauto. Zu den 2,7 Millionen Autos, die Fiat in Turin baut, kommen nochmal 923.000 Lizenzexemplare von Zastava in Jugoslawien und 814.000 von Seat in Spanien, wo es den 600er sogar in einer viertürigen Stretchversion namens 800 gibt. Auch in Argentinien und Chile, Australien und Malaysia stehen Montagewerke, weshalb es alle Versionen zusammen auf 4,94 Millionen Exemplare bringen.

Eigentlich ist er zu günstig

Viel wichtiger ist heute, dass der Fiat 600 zu den Schnäppchen der Oldtimerszene gehört: Selbst ausgezeichnete Exemplare kosten vierstellig, während der 500er im gleichen Zustand locker an der 15.000-Euro-Grenze kratzt. Am haltbarsten ist laut Fiat-600-Kennern übrigens das Blech der deutschen Version.