Ein Kühlschrank auf Rädern: die BMW Isetta

Keine Frage, die BMW Isetta war damals das, was heute als cool gilt. Samt ihrer Herkunft.

(Fotos: BMW Group)

Die Experten der zentralen Klassikabteilung der GTÜ in Stuttgart und vor Ort besitzen die notwendige Expertise für Klassiker aller Art. Dabei greifen sie auf fundiertes Wissen und eine umfangreiche, qualifizierte Datenbank zurück. Weil es viele spannende Aspekte zur Historie der verschiedenen Old- und Youngtimer gibt, veröffentlicht das Magazin KRAFTHAND in loser Folge exklusive Einblicke ins Archiv der Sachverständigenorganisation. Diesmal geht es um die BMW Isetta.

Als Wirtschaftswunder über die Alpen

Geschichten aus der deutschen Wirtschaftswunderzeit zeigen oft die Route über den Brenner, auf der bunte Käfer, Goggomobile oder Maico-Roller munter der Sonne gen Süden entgegenfuhren, meist den Gardasee im Visier. Zur illustren Blechmischung auf den Alpenpässen zählt auch die BMW Isetta. Doch das Motocoupé trat seinen Erfolgsweg genau entgegengesetzt an – von Italien nach München.

Ein Stück italienische Lebensfreude rollt nach Deutschland

Mit Kühlschränken fängt alles an

Renzo Rivolta erwarb 1939 in Bresso nahe Mailand zunächst eine Herstellung für Kühlmittelanlagen namens Isothermos. Als die Geschäfte schleppender liefen, sattelte er auf die Produktion von Rollern und kleinen Motorrädern um. Im Namen an alte Traditionen anknüpfend, wurden sie Isomoto und Isoscooter genannt, verfügten über 125 ccm – ein rollendes Dolce Vita. Den Markt der kleinen Mobilität hatte auch BMW nach dem Zweiten Weltkrieg im Blick, ein Zweirad mit Dach erschien den Münchnern markttauglich. Renzo Rivolta lieferte 1954 mit der Iso Isetta die perfekte Lösung. Sein Motocoupé wirkte wie eine kleine Raumkapsel und ging sogar bei der Mille Miglia an den Start, wo es sofort zum Publikumsliebling wurde. Rivolta und BMW fanden sich zu einer Lizenzvereinbarung zusammen.

Die Isetta bekommt die Kurve, auch bei Bergrennen

Der große Durchbruch der kleinen Isetta

Am 5. März 1955 war es soweit – in München rollte die erste BMW Isetta vom Band. Den Nachnamen durfte sie stolz aus ihrer italienischen Familie fortführen, das zweigetaktete Herz hinter der Sitzbank tauschte sie gegen ein Spenderherz mit vier Takten und 12 PS der BMW R25. Die Stahlblechkarosse wurde auf einen Rohrrahmen gesetzt, die beiden Hinterräder standen so eng beieinander, dass man auf ein Differential verzichten konnte. Die kühlschrankartige Fronttür nahm das Lenkrad auf, das beim Öffnen und Einsteigen wegklappte, und so wog das ganze Gefährt nur 350 kg und beschleunigte auf satte 85 km/h.

Sieht nicht aus wie ein BMW, ist aber einer

Der Trick mit dem Faltdach

Diejenigen, die bisher bei Wind und Wetter den Weg zur Arbeit auf Rollern und Mopeds bestritten, waren begeistert, ein Dach über dem Kopf und beinahe ein richtiges Auto zu haben. Das Faltdach der Isetta war dabei nicht mal ein luftiges Extra für Sonnenliebhaber, sondern Pflichtprogramm, denn der deutsche Gesetzgeber schrieb vor, dass man ein Auto im Fall der Fälle durch zwei Ausstiege verlassen können muss. Da die Isetta ja nur die Fronttür bot, konnte man sie im Ernstfall so auch über das Dach verlassen – nur eben ohne Schleudersitz.

Selbst Familien entfalten sich unter dieser Dachkonstruktion

Eine Idee fährt um die Welt

Ende 1956 entwickelte BMW eine durchgehende Dachlinie und verbesserte viele Details, womit sich die Isetta nun immer deutlicher von ihrem Urahn unterschied. Bis zum Mai 1962 baute BMW ziemlich genau 161.728 Exemplare und verhalf der Isetta zu Ruhm und Erfolg. Dass Vélam in Frankreich, Iso España in Spanien, Isetta of Great Britain in England und Indústrias Romi in Brasilien den Lizenzbau ebenfalls umsetzten, ist dagegen eher unbekannt.

Mikro-Autos liegen wieder im Trend

Schließlich wurden die Leute anspruchsvoller, die Beladungsmöglichkeiten waren nicht ausreichend und die Zeit der Mikro-Autos ging langsam zu Ende. Die Kundschaft verlangte nach richtigen Limousinen, das konnte auch die „große Isetta“, der BMW 600 mit zweiter Sitzbank und zusätzlicher seitlicher Tür, nicht mehr aufhalten. Wenn wir heute über neue Mobilität reden, spielen kleine Autos wieder eine größere Rolle. Die Isetta wäre absolut stadttauglich.

Kleine Autos in der Stadt kommen wieder groß in Mode

Dieser Beitrag ist erstmals im Magazin Krafthand vom 25. Juli 2020 erschienen, den ausführlichen Artikel lesen Sie hier

Vom Fliegen und Fahren: Saab 92

Schon mal von Trollhättan gehört? Ein märchenhaftes Auto aus Schweden.

Überhaupt nicht abgehoben: die Eleganz von Saab auf drei und vier Rädern

Die Experten der zentralen Klassikabteilung der GTÜ in Stuttgart und vor Ort besitzen die notwendige Expertise für Klassiker aller Art. Dabei greifen sie auf fundiertes Wissen und eine umfangreiche, qualifizierte Datenbank zurück. Weil es viele spannende Aspekte zur Historie der verschiedenen Old- und Youngtimer gibt, veröffentlicht das Magazin KRAFTHAND in loser Folge exklusive Einblicke in das Archiv der Sachverständigenorganisation. Diesmal geht es um den Saab 92.

Es sind wohl die vier berühmtesten Buchstaben aus Schweden, von ABBA einmal abgesehen. 1937 gründet sich die Svenska Aeroplan Aktiebolaget, kurz: Saab. In den Wäldern von Trollhättan entstehen, wie es der Firmenname schon sagt, zunächst Flugkonstruktionen. Lukrativer aber verspricht schließlich das Geschäft auf dem Boden zu werden. In Schweden fand sich mit Volvo, wo seit 1927 Fahrzeuge vom Band rollten, nur ein einziger Autobauer. Da dieser aber nur Wagen ab der Mittelklasse anbot, entschieden sich die Luftfahrtingenieure um Gunnar Ljungström zum Bau eines kleinen, einfachen und modernen Wagens.

Auto oder doch eher Flugzeug?

Schon in 1930er-Jahren hatten sich die Importwagen von DKW aus Zschopau auf schwedischen Schotterpisten und in skandinavischen Wintern durch ihren robusten Frontantrieb und die zähen Zweitaktmotoren einen Namen gemacht. Deshalb ist es auch wenig verwunderlich, dass der Ur-Saab mittels eines DKW-Motors das Fahren erlernte. Der dann in Serie modifizierte Zweizylinder mit 764 ccm und 25 Pferdestärken katapultierte das Fahrgerät auf satte 105 km/h Spitze! Unmöglich? Keineswegs für Luftfahrtingenieure, die im Windkanal ein Blechkleid mit geschlossenem Unterboden ähnlich einer Tragfläche schneiderten.

Die Tarnkappe aus Trollhättan

1952 wurde zu einem Jahr voller lieblicher Verheißungen – die erste Modellüberarbeitung bescherte der Kundschaft den Saab 92B und von nun an tatsächlich auch andere Farbtöne als das ursprüngliche Waldgrün, für das schlichtweg alte Armee-Tarnbestände aufgebraucht wurden. Wichtigste Karosserieänderungen dürften die nun von außen zugängliche Heckklappe und die größere Heckscheibe für eine bessere Rundumsicht gewesen sein. Zu guter Letzt erstarkte der Motor auf 28 Pferde, wobei die zwei Takte und die daraus resultierende Geräuschentwicklung allerdings nie so recht zur aerodynamisch so schicken Flugzeugoptik passen wollten.

Mit links siegt der Saab im Gelände

Die beste Werbung für Saab wird der Motorsport. Bereits 1950 traten zwei Teams bei der Rallye Monte Carlo an, um die berüchtigten Haarnadelkurven des Col de Turini zu bezwingen. 1952 gewann die schwedisch-norwegische Rallyefahrerin und Autorin Greta Molander den „Coupe des Dames“ der Rallye Monte Carlo mit dem auf 35 PS getunten 92er Saab. Der Trollhättaner Erik Carlsson, ein Spezialist für das Linksfußbremsen, siegte 1955 mit einem Saab 92B bei der 800 km langen Schweden-Rallye.

Erfindungsreich im Duell mit Volvo

Saab blieb dem Zweitakter bis 1967 treu und untermauerte damit seinen Ruf als vielleicht skurriler, aber stets individueller Autobauer. Dem übermächtigen Konkurrenten schlugen die Saab-Konstrukteure in der Folge immer wieder ein Schnippchen – ob mit den ersten Beckengurten oder einem siebensitzigen Kombi. Merke: Trolle sind höchst erfindungsreich.

  • 01. September 2021
  • Tradition & Innovation
  • Ulf Schulz

Range Rover, oder: Lang lebe der König

Die Experten der zentralen Klassikabteilung der GTÜ in Stuttgart und vor Ort besitzen die notwendige Expertise für Klassiker aller Art. Dabei greifen sie auf fundiertes Wissen und eine umfangreiche, qualifizierte Datenbank zurück. Weil es viele spannende Aspekte zur Historie der verschiedenen Old- und Youngtimer gibt, veröffentlicht das Magazin KRAFTHAND in loser Folge exklusive Einblicke in das Archiv der Sachverständigenorganisation. Diesmal: der Range Rover.

Der Range Rover ist ein echter Typ, über alle Generationen hinweg

Als Defender-Fahrer lernt man recht schnell, dass es nur zwei Meinungen zum Ur-Land-Rover gibt: Entweder man liebt ihn oder man hasst ihn. Dazwischen gibt es praktisch nichts – meinen jedenfalls diejenigen, die einen „Landy“ schon mal länger als bis zum nächsten Supermarkt bewegt haben. Spartanisch ist er, wenig komfortabel gerade auf längeren Strecken.

Ein nur vierköpfiges Team um Roger Crathorne alias Mr. Land Rover begann Mitte der 1960er-Jahre mit der eher schlichten Konstruktion eines neuen Modells der britischen Traditionsmarke. Ohne Einfluss eines großen Designers setzte die Karosserie auf große Fensterflächen, gerade Linien und eine zweigeteilte Heckklappe. Letztere war ein adaptiertes Stilmittel, welches man sich mit Blick auf den Absatzmarkt jenseits des Atlantiks vom Jeep Wagoneer oder Ford Bronco abgeguckt hatte. Für all das bekam der Range Rover später die Auszeichnung „mustergültiges Industriedesign“.

Der Urvater der modernen SUVs

Nach nur drei Jahren Entwicklungszeit rollte am 17. Juni 1970 der Urvater der heutigen SUVs vom Band und veränderte die motorisierte Welt nachhaltig: Der Range Rover war geboren. Um einen Leiterrahmen herum gab man in die Zutatenliste ein paar Starrachsen mit Schraubenfedern sowie einen permanenten Allradantrieb, der das Drehmoment paritätisch auf Vorder- und Hinterachse verteilte. Diese wiederum konnten durch ein sperrbares Mittendifferenzial starr miteinander verbunden werden. Befeuert wurde die Fuhre schließlich mit einem 3,5-Liter-Leichtmetall-V8 von Buick, der 135 Pferdestärken und ein sattes Drehmoment von 253 Newtonmeter entfesselte.

Die ersten zehn Jahre fuhr der englische Herrenbeschleuniger lediglich als Dreitürer vor, obgleich die erlauchte Kundschaft auch nach einem Fünftürer verlangte. Zu diesem Zeitpunkt aber bereits unter der Flagge von British Leyland fahrend, waren dafür schlichtweg keine finanziellen Mittel vorhanden. Kurzerhand wurde der Schweizer Peter Monteverdi mit dem Zusatzprojekt beauftragt. So entstanden zwischen 1980 und 1982 insgesamt 167 Range Rover Monteverdi. Es ging sogar das Gerücht, dass selbst im Buckingham-Palast solch ein emigrierter Engländer zum Einsatz kam. Im August 1981 wurde der Mehrtürer dann doch offiziell unter die Rover-Fittiche genommen.

Bequemlichkeit für echte Abenteurer

Auch ein Automatikgetriebe fand nun den Weg auf die Orderliste und verhalf dem Wagen zu mehr Komfort. Schaut man heute in den Innenraum der ersten Baujahre, mag man das Luxusimage suchen, mit dem sich der Range über die Jahre aufgeladen hat. Doch für damalige Verhältnisse und erst recht im Vergleich zur Land-Rover-Serie bot der Range pure Bequemlichkeit für einen Geländewagen. Dabei blieb er immer ehrlich und echt. Der Begriff Geländewagen war damals noch ein Versprechen und nicht nur Synonym für eine Fahrzeugklasse, die unter der Bezeichnung Sport Utility Vehicle höhergelegte und mit breiten Plastikabdeckungen verzierte Abenteuer suggeriert.

Wer sagt denn, dass ein Kastenwagen nicht schön sein kann?

Mit der hohen Bodenfreiheit und dem permanenten Allradantrieb, der für eine hervorragende Traktion abseits der Straße sorgte, konnte sich der Range selbstbewusst auf echte Abenteuer einlassen. So gewann er 1979 mit Alain Génestier und Joseph Terbiaut die Autowertung der ersten Paris-Dakar-Rallye und zeigte mit Schirm, Charme und Stil, zu welch sportlichen Leistungen der feine Brite aus Solihull fähig war.

Nach diversen Detailverbesserungen folgte 1988 motorseitig die Vergrößerung von 3.500 Kubikzentimeter auf 3,9 Liter. Im September 1992 kam mit dem LSE der um 20 Zentimeter längere und auf 4,2 Liter erstarkte, luftgefederte Range Rover auf den Markt. Nach diversen Sondermodellen wie dem berühmten Vogue ging die erste Generation des Range Rover im Februar 1996 in den Ruhestand – nach 326.070 produzierten Einheiten.

Dieser Beitrag ist erstmals im Magazin Krafthand vom 18. Oktober 2020 erschienen, den ausführlichen Artikel können Sie hier nachlesen.