- 26. Mai 2025
- Einblicke & Chancen
- Elmar Brümmer
Ein Kunstmuseum geht auf Achse
Die BMW Art Cars sind seit 50 Jahren unterwegs.

Seit fünf Jahrzehnten werden Kunstwerke von BMW rasend gemacht, 20 der berühmtesten Künstler der Welt durften die so genannten Art Cars ganz nach eigenem Gusto gestalten. Die rollenden Skulpturen bieten einen Querschnitt durch die Kunstgeschichte, vom Minimalismus über die Pop-Art bis zur Abstraktion. Was für eine Spielwiese aus Kunst, Design, Technologie! Zum Jubiläum reisen die schönsten Exemplare um die Welt, in der Münchner BMW Welt haben vom 16. Juni an M3 Art Cars von Sandro Chia, Michael Jagamara Nelson und Ken Done ein Heimspiel.
Am Anfang steht eine schräge Idee
Der Franzose Hervé Poulain steht mitten im New Yorker Guggenheim-Museum, zu dem sich der Baumeister tatsächlich von Autorrädern hat inspirieren lassen, und erzählt, wie es zu der rasantesten aller Kunstgeschichten kommen konnte. Der Rennfahrer war 1975 auf die Idee gekommen, Motorsport und Kunst zusammenzubringen – was sich auf den ersten Moment schräg anhört. Der verrückte Einfall, der beim damaligen BMW-Rennleiter Jochen Neerpasch auf fruchtbaren Boden fällt, bringt Poulain einen Sitz beim 24 Stunden Rennen von Le Mans. Vor allem aber bewegt es den US-Künstler Alexander Calder dazu, einen BMW 3.0 CSL zu lackieren. Der spontane Einfall geht in Serie: Die BMW Art Cars sind geboren, und sie feiern in diesem Jahr ihr großes Jubiläum.
Alles Originale, aber unverkäuflich
Der Wert der Sammlung, die komplett im Besitz des Münchner Automobilherstellers ist, lässt sich nur schätzen – auf mehr als eine halbe Milliarde Euro. Sie ist nichts für Spekulanten, jedes der rasenden Kunstwerke trägt das Etikett: unverkäufliches Einzelstück. Nur eine einzige Vorschrift ist allen Künstlern bei der Gestaltung gemacht worden: Die Aerodynamik der Autos darf nicht beeinflusst werden, und das Gewicht sich nicht erhöhen. Denn die Art Cars gehen richtig ins Rennen.
Die Art Cars sind Publikumslieblinge
Der Härtetest gehört zum Prinzip der Sammlung – eine glaubwürdigere Anzeigenkampagne für das Kulturprogramm von BMW und die Verbindung von Kunst und Technologie sieht man nicht. „Hinter der Idee steckte die pure Leidenschaft, kein Konzernkalkül. Und nach dem ersten Boxenstopp wurde das Calder-Auto damals in den Siebzigern zum Publikumsliebling“, weiß der BMW-Kulturbeauftragte Thomas Girst, „und diese Geschichte lassen wir weiterleben.“ Die M-Power wird um die Vorstellungskraft ergänzt. Künstler, Ingenieure und Motorsportler eint, dass sie immer ans Limit gehen wollen. Ihre Energie ist die Emotion.
Schon mal einen rasenden Lichtenstein gesehen?
Eine bestimmte Zahl von Ersatzteilen müssen sie gleich mit bemalen, das lehrt die Erfahrung. Jeff Koons hat manches Teil sogar drei Mal signiert, um es für den Fall eines Unfalls auf Halde zu haben. Die meisten Rennfahrer scheren sich wenig darum, wie ihr Auto bemalt ist – sie sitzen ja drin. Beim Publikum sieht das ganz anders aus, es feiert die besonderen Lackierungen. Viele Künstlernamen aus der Art Car Collection wären auch gut als Fahrernamen auf den Seitenscheiben vorstellbar: Frank Stella, Roy Lichtenstein, Robert Rauschenberg oder David Hockney haben einen guten Klang.
Andy Warhol kommt ins Ziel
Das berühmte Auto von Alexander Calder, dass den Weg für die BMW Art Cars bahnte, war 1975 schon nach sieben Stunden ins Le Mans reif fürs Museum – Kardanwelle defekt. Auch Frank Stellas Coupé wurde in Le Mans und Dijon vom Pech verfolgt. Den ersten Erfolg mit Kunstbezug fährt dann 1977 tatsächlich der französische Ideengeber Hervé Poulain ein, Roy Lichtensteins Rennwagen belegte den neunten Platz im Gesamtklassement und den ersten in seiner Klasse. Auch der M1, den Andy Warhol in nur 28 Minuten bemalte, erlebte seine Feuertaufe in Le Mans 1979. Wieder mit Poulain, aber auch mit einem Manfred Winkelhock hinter dem Steuer – es reichte für den sechsten Gesamtrang. „Ich liebe das Auto“, scherzte Warhol, „es war besser als die Bemalung…“



