Einer, der die Prüfer prüft

Professor Dr. Ing. Manfred Wallrich blickt auf mehr als ein Vierteljahrhundert im Dienst der GTÜ-Akademie zurück.

Es klingt, als wäre es nur ein lustiges Wortspiel, aber es hat einen ernsten Hintergrund: Prüfingenieure, die andere prüfen sollen, müssen selbst geprüft werden. Vielleicht sogar noch ein bisschen härter. So ist die Akademie der GTÜ entstanden, und einer ihrer Geburtshelfer ist Professor Dr. Ing. Manfred Wallrich aus Eschweiler. Bis zum Ausbruch der Pandemie im vergangenen Frühjahr, als große Präsenzveranstaltungen unmöglich wurden, bildete er Ingenieure aus und prüfte sie. An seine erste Schulung für die GTÜ erinnert er sich noch genau: Rosenmontag 1993 in Kulmbach. Es folgte mehr als ein Vierteljahrhundert im Dienst der Lehre und der Prüforganisation. Heute, als Rentner, sagt er: „Wir alle können mit Stolz darauf blicken, was aus der GTÜ-Akademie geworden ist.“

Die Sache mit dem Frühstücksraum

Die Mittel am Anfang sind bescheiden, die Akademie ist zu Gast in Industrie- und Handelskammern, aber schnell entsteht ein Netz mit Standorten im Süden, Norden und Osten. Fünf Tage Fortbildung im Jahr sind Pflicht für alle Prüfingenieure. Der Blockunterricht beginnt vor 25 Jahren am Timmendorfer Strand. Doch bevor Professor Wallrich mit dem Vortrag starten kann, teilt ihm die Hotelbesitzerin mit: „Ich brauche den Frühstücksraum heute zwei Stunden länger, sie können ihn nicht für ihr Seminar nutzen.“ So soll die erste Großveranstaltung aber nicht beginnen, Unterschlupf findet das Seminar ein paar Meter weiter im „Seeschlösschen“, wo bis heute getagt wird. „Flexibel sein, das Beste aus allem machen“ ist das Mantra zu einer Zeit, als die GTÜ nur 250 Prüfingenieure umfasst.

Einer, der alle mitnehmen will

Dem Enthusiasmus tut das keinen Abbruch, im Gegenteil. Der Strenge im Unterricht auch nicht. Dessen ist sich Manfred Wallrich bewusst. Schon im Studium an der renommierten RWTH in Aachen erkennt er, dass ihn die Lehrtätigkeit fasziniert. „Ich habe mich der Lehre verschrieben, weil ich nicht nur mit der Theorie, sondern auch mit Menschen zu tun haben wollte“, sagt er über seine Motivation und gesteht: „Mein Ehrgeiz war es dabei, nie als bequem zu gelten. Ich wollte nicht immer nur die Besten einer Klasse fördern, sondern grundsätzlich alle mitnehmen.“ Wiederholungen des Stoffs sind daher an der Tagesordnung: „Jeder soll es verstanden haben.“ Vorlesungen, davon ist er heute noch überzeugt, leben vom Mitmachen. Das hat seine Seminare geprägt. Eine Erfolgsquote von über 90 Prozent bei den Prüfungen gibt dem Referenten recht.

Das Erfolgsgeheimnis guter Prüfingenieure

Sieht man vom unbestechlichen Ergebnis auf dem Papier ab – was macht für den Professor der Technischen Hochschule Köln einen guten Prüfingenieur der GTÜ aus? Manfred Wallrich, inzwischen 68 Jahre alt, muss nicht lange überlegen: „Abgesehen davon, dass er nicht alles immer nachschlagen muss, braucht er den Blick fürs Ganze. Neben Wissen in Technik und Recht gehört deshalb ein hohes praktisches Gespür dazu, und ohne Menschenkenntnis geht es überhaupt nicht.“

Einer seiner Prüfungskandidaten ist übrigens Robert Köstler – heute Sprecher der Geschäftsführung der GTÜ. Er verspürt zum Abschied Dankbarkeit aus eigener Anschauung: „Wir danken Professor Wallrich für sein jahrzehntelanges Engagement in der Aus- und Weiterbildung von Prüfingenieuren. Nicht nur die Lehre, auch der Mensch war ihm dabei immer wichtig. Er zählt zu den Stützpfeilern der heutigen GTÜ-Akademie, die sich ohne seine Pionierarbeit kaum hätte so entwickeln können.“