Unterhaltung auf Rädern

Warum die Zukunft der Mobilität in Las Vegas zu finden ist.

Guck‘ mal an: Einsichten und Ansichten ins Automobil der nahen Zukunft (Foto: Sony)

Ist das noch ein Auto, oder ist es schon ein rollendes Infotainment-Gerät? Die Frage ist berechtigt, seit die wichtigsten Messen für die Automobilhersteller nicht mehr die IAA oder der Genfer Salon sind, sondern die Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas. Dort finden sich mehr Neuheiten als auf den herkömmlichen PS-Ausstellungen. Für das größte Aufsehen auf dieser Technologie-Schau hat zwischen Haushaltsrobotern und Laser-Spielzeugen dann auch eine Firma gesorgt, die technisch zwar schon einiges ins Rollen gebracht hat, aber eben noch nie auf Rädern: Der japanische Technologiegigant Sony präsentierte einen futuristischen Elektro-Raumgleiter mit dem allerdings noch uninspirierten Namen Vision-S 02. Was für eine Wegstrecke: Vom Walkman zum SUV!

Und so ist die Unterhaltungselektronik verpackt: Sony Vision-S 02 (Foto: Sony)

Wettrennen im Silicon Valley

Noch steht nicht fest, wann die ersten Sony-Cars in den GTÜ-Prüfstellen und -Prüfstützpunkten zu bestaunen sein werden. Aber es könnte nicht mehr lange dauern. Der Prototyp steckt voller Sensoren und Bildgebungselementen, auf dieses Geschäft versteht sich Sony. Natürlich spielen die Daten-Cloud, das 5G-Netz und alle Möglichkeiten der Unterhaltungselektronik mit in das Projekt. Wer würde da noch nach Reichweite, PS oder Spitzengeschwindigkeit fragen? Schon rollt ein erster Sony insgeheim auf den europäischen Straßen, um Erfahrungen zu sammeln. Die Herausforderungen im realen Straßenverkehr lassen sich eben nicht komplett simulieren, auch nicht dreidimensional. Die Techgiganten Google und Apple mit ihren ehrgeizigen Autoprojekten haben das auch gemerkt, sie werden über kurz oder lang wohl mit einem etablierten Hersteller zusammenarbeiten müssen. Und trotzdem: die Digitalkonzerne drängen massiv auf den Fahrzeugmarkt. Nur Betriebssysteme für sich etablierende E-Automobile zu liefern, reicht ihnen nicht. Sie gehen aufs Ganze. Im Silicon Valley läuft ein Wettrennen – wer schafft es als Erster? Die GTÜ-Experten haben ganz generell schon seit einiger Zeit ein Auge auf all‘ diese spannenden Entwicklungen. Die Prüforganisation will gut gerüstet sein für die mobile Zukunft und bereitet sich entsprechend darauf vor.

Erst fünf Jahre alt, und schon mit Kurs auf Europa: Vinfast aus Hanoi (Foto: Vinfast)

Neue Automarken, neue Autoländer

Das General Motors eine elektrifizierte Variante seines Pick-Ups „Silverado“ zeigt, mag zwar für die US-Amerikaner aufregend sein. Auffälliger aber noch sind andere Marken, die weltweit auf die Straßen drängen. Dazu gehören Autofirmen, von denen hierzulande kaum jemand gehört hat. Oder wüssten Sie auf Anhieb, woher die Hersteller Vinfast oder Togg kommen? Aus Vietnam und der Türkei, Nationen, die bislang kaum für eigene Fahrzeugmarken bekannt waren. Aber die Mobilitätswende verändert viele Gesetzmäßigkeiten und überwindet alte Grenzen. Schon kündigt die Vinfast-Chefin an, 2025 ein Werk in Deutschland zu bauen, um von hier aus den europäischen Markt zu erobern. Autonomes Fahren, nach einem großen Hype fast schon totgesagt, hat in Las Vegas wieder neues Leben eingehaucht bekommen. Auch hier haben die Softwarehersteller, nicht die Autofirmen, das Kommando übernommen. Vor allem chinesische und koreanische Firmen konzentrieren sich auf das Segment der selbstfahrenden Taxis und Vans.

So sieht ein Togg aus – die Abkürzung steht für Türkiye’nin Otomobili Girisim Grubu (Foto: Togg)

Ein BMW, der seine Farbe wechseln kann

Das Auto neu zu erfinden behaupten in der Wüstenstadt Nevadas natürliche viele. Von den etablierten Konzernen ist es BMW immerhin gelungen, solche Ankündigungen mit Taten zu belegen – innen wie außen. Im neuen Siebener wird die Rückbank künftig zum Kinosaal, aus der Fahrzeugdecke lässt sich ein riesiger Bildschirm herunterklappen, der Filme in der Hochauflösung 8k zeigen kann, und sogar in voller Fahrt noch das Streaming erlaubt. Partner Amazon macht’s möglich. Noch spektakulärer aber ist das Modell iX aus München, das auf Knopfdruck die Außenfarbe verändern kann. Der Elektro-SUV wird durch eine spezielle Folie, die sonst in E-Readern zum Einsatz kommt zum Chamäleon. Praktische Nebenwirkung: durch den Wechsel von Schwarz zu Weiß oder umgekehrt kann das Aufheizen in der Sonne reguliert werden. Außerdem zeigt der Lack den Ladezustand des Autos an. Wenn das nicht gute Unterhaltung verspricht…

Schwarzweißfernsehen auf die bayrische Art: der revolutionäre BMW iX (Foto: BMW Group)