Von der Rennstrecke auf die Kinoleinwand

Nicht nur der Formel-1-Movie: Motorsportfilme boomen, erster Teil

In dem Augenblick, in dem der schwarze Rennwagen auf dem Display beschleunigt, beginnt das Mobiltelefon in der Hand ansteigend zu vibrieren, mit jedem Gang, den Sonny Hayes hochschaltet. An dem Werbetrailer fürs Handy ist deutlich zu fühlen, dass hinter „F1 – Der Film“ der Tech-Konzern Apple steckt. Das Motorsport-Drama wurde so zum erfolgreichsten Streifen, den das Unternehmen produziert hat – und auch Hauptdarsteller Brad Pitt hat noch nie einen so erfolgreichen Film gehabt, allein in Deutschland wurden 1,2 Millionen Kinobesucher gezählt. Die Formel Hollywood liegt im Trend, nicht erst seit diesem Sommer, wie unser Blogbeitrag zeigt.

Der Blockbuster: F1 Movie

Der Plot um den alternden Rennfahrer Hayes, gespielt von Megastar Brad Pitt, ist die Geschichte eines gescheiterten Talents. Eines Piloten, dem einerseits alles egal scheint, der aber auch immer wieder von Alpträumen eines Unfalls eingeholt wird. Jahrzehnte später bekommt der Glücksritter eine letzte Chance, noch einmal Formel 1 zu fahren. Beim schlechtesten Team im Feld, und mit der undankbaren Aufgabe, einen Rookie auszubilden, der anfänglich nur durch Arroganz glänzt. Allein im Generationenkonflikt ist schon reichlich Crash-Potenzial vorhanden, hinzu kommen Intrigen um den Rennstallchef – und eine obligatorische Lovestory. Der Underdog muss sich auf allen Ebenen und in der ganzen Komplexität des PS-Geschäfts beweisen. „Bei uns kommt das Drama aus dem Renngeschehen“, sagt Erfolgsregisseur John Kosinski. Der Blick hinter die Kulissen ist im Formel-1-Movie beinahe noch intensiver als in der Streaming-Doku „Drive to survive“, der Blick wird viel stärker auf Details gelenkt. Aber natürlich ist da auch viel Fantasie dabei, echte Fans müssen ein paarmal die Augen zudrücken, nicht nur bei der Love-Story. Aber immerhin: zu sehen gibt es auch die erste Rennwagen-Konstrukteurin. Die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwinden. „Keine andere Sportart ist in Bezug auf die Möglichkeiten bei den Dreharbeiten so fesselnd wie die Formel 1″, glaubt Rekordweltmeister Lewis Hamilton, der zur Riege der Produzenten zählt. Das war schon immer so, wie unser Blick in die Filmgeschichte zeigt. Hier kommen nochmal vier Filmtipps von der Rennstrecke.

© Warner Bros.

Der Klassiker: Le Mans

Es braucht ein bisschen Geduld, um sich im selbstproduzierten Sportwagen-Epos von Steve McQueen im Jahr 1971 von der Begeisterung des Draufgängers anstecken zu lassen. „Ich wollte einen ehrlichen Film“, widersprach der US-Amerikaner. Für McQueen war der Streifen über den Langstreckensport nicht nur ein Job, darin steckte alle Leidenschaft. Vorbild für seine Rolle im Film war der Schweizer Jo Siffert, der die Veröffentlichung des Films allerdings nicht mehr miterlebte. Die Rennaufnahmen sind auch deshalb so realistisch, weil ein Porsche 908 im echten 24-Stunden-Rennen mit Kamera unterwegs war. McQueen wollte auch mitfahren, aber die Versicherung legte Einspruch ein. Deshalb zeigt die Geschichte der Rivalität zweier Rennfahrer und zweier Marken viele Rennszenen und hat wenig Dialoge. Darunter einen berühmten: „Rennen heißt für uns leben. Die Zeit, die zwischen den Rennen liegt, ist nur warten.“

© Paramount

Das Andenken: Rush

Ein gewaltiges Projekt, eine derart spektakuläre Formel-1-Saison wie die von 1976, mit dem Duell zwischen Niki Lauda und James Hunt, und vor allem dem Feuerunfall vom Nürburgring für das Kino noch zu dramatisieren. Oscar-Preisträger John Howard hat sich dafür im Jahr 2013 tief in die Materie eingearbeitet, und er hat Niki Lauda stark in die Produktion einbezogen. Der Österreicher hat auch persönlich Daniel Brühl als seinen Darsteller ausgewählt. In eher sanften Kamerabildern wird das zugespitzte Duell zweier höchst unterschiedlicher Rennfahrercharaktere plastisch. Hier Lauda, rücksichtslos und zielorientiert, dort der Brite Hunt, ein echter Lebemann. Über die Geschehnisse lernen sich die beiden zu respektieren. Der deutsche Zusatztitel „Alles für den Sieg“ trifft die erbitterte Konkurrenzsituation. Es hat ja nicht viel gefehlt, und Lauda hätte wirklich sein Leben verloren.

© Buena Vista

Der Amerikanische: Tage des Donners

Tatsächlich, Tom Cruise taugt nicht nur zum Top-Gun-Piloten, sondern auch zum Rennfahrerdarsteller, wie der Blockbuster von 1990 zeigt, in dem es um einen Rookie im anstrengenden und an Unfällen reichen nordamerikanischen Nascar-Rennzirkus geht. Mit dabei bei der Geschichte ungewöhnlicher Männerfreundschaften und Rivalitäten zwischen Mechanikern und Rennfahrern war auch Nicole Kidman. Nach der Affäre am Set wurde sie später seine Ehefrau. Zuvor schon hatte es aus dem US-Motorsport Schmonzetten wie „Speedway“ mit Elvis Presley gegeben.  „Tage des Donners“ gilt nicht ganz zu Unrecht als „Top Gun auf Rädern“, und wurde von Jerry Bruckheimer produziert, der auch beim aktuellen F1-Film das Sagen hatte. Die Filmmusik stammte von Hans Zimmer, einer der prägenden Titel war „Knocking on Heavens Door“ von Guns N‘ Roses, der auch zum Hit wurde. Tom Cruise stellte im Rahmen der Dreharbeiten sogar einen Rundenrekord auf dem Phoenix Raceway auf.

© Paramount

Der Tierische: Enzo

Noch eine Anspielung auf den Commendatore, aber dann doch ganz anders – aus der Sicht des gleichnamigen Hundes, gesprochen 2019 von Kevin Costner. Als Buch schon eine Ausnahmeerscheinung, als Film nicht minder melancholisch. Der Golden Retriever des Rennfahrers Denny Swift liegt im Sterben und rekapituliert sein Hundeleben, stark geprägt durch die Racing-Leidenschaft seines Herrchens. Trauriger Höhepunkt der Tragikomödie ist eine letzte gemeinsame Fahrt auf der Rennstrecke. Zurück bleibt wieder ein grandioser Satz, der aus dem Zitatenschatz der echten Piloten stammt: „The car goes where the eyes go.”

© 20th Century Studio

Und demnächst in diesem Blog: nochmal fünf rasante Kino-Streifen.

Das Autoland ist zurück

Die IAA in München zeigt: da ist Bewegung in der Branche

Bild: iaa-mobility.mediaportal.ai

Tatsächlich, jenseits aller EU-Gesetzmäßigkeiten und allgemeiner Panikmache: Mobilität funktioniert, Autos faszinieren. Die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA), einst eine von vielen Leitmessen der Branche und inzwischen eine der letzten strahlenden, kann beim dritten Anlauf in München punkten. Mit Diskussionen und Kongressen fürs Fachpublikum in den Messehallen, aber vor allem mit einem Außenbereich, der ein paar der schönsten Plätze in der bayrischen Landeshauptstadt mit dem Neuesten aus der Mobilität beglückt. Das Publikum zieht mit: Mehr als eine halbe Million Besucher bescheren einen Rekord. Selbiges gilt auch für 750 Aussteller aus 37 Ländern.

Bild: iaa-mobility.mediaportal.ai

Eine ganze Meile Mobilität

Die Menschen folgen der Gesetzmäßigkeit der Straße. Eine ganze Ausstellungsmeile verbirgt sich hinter dem abstrakten Begriff „Open Space“: Da steht ein Oldtimer-Bulli von VW, aus dem Melitta-Kaffee ausgeschenkt wird, da lädt ein chinesischer Hersteller ein, im Cockpit Karaoke zu singen, da legt Porsche sein überdimensionales Wappen so quer, das bequem alle Modelle drunter passen, und lässt dazu noch ein Karussell aufstellen, in bunter Reihe wechseln sich Technologiekonzerne und Lastenfahrradhersteller ab, auch die Münchner S-Bahn ist dabei. Genau so sollte Mobilität sein (oder werden): Platz für alle Bedürfnisse und die unterschiedlichsten Antriebsarten – auch wenn die meisten auf dieser Schau ohnehin zu Fuß unterwegs waren. Was ein Schuhgeschäft gleich am Eingang zur Ausstellungsmeile zum Werbeslogan im Schaufenster taugte: „Besser gut gegangen, als schlecht gefahren.“

Bild: Porsche AG

Die IAA bleibt in München

Einfache Logik, im Alltag nicht immer so einfach umzusetzen: bring die Autos zu den Menschen funktioniert jedenfalls gut als Messekonzept. So gut, dass München auf jeden Fall noch drei weitere Male die IAA Mobility beherbergen darf: 2027, 2029 und 2031. Wer den Wandel betrachtet, den die früher in Frankfurt beherbergte Ausstellung durchläuft, der ist schon gespannt auf die Zukunft. Aber genau darum geht es auch, vor allem für die deutschen Hersteller und Aussteller: Zeigen, wie viel Kraft und Tempo in dieser Schlüsselindustrie stecken, in der es allein über eine Dreiviertelmillion direkt Beschäftigte gibt. Nicht nur für die gilt das Motto, dass Bundeskanzler Friedrich Merz bei seinem ausgiebigen IAA-Besuch formuliert hat: „Die Welt soll nicht mit Verwunderung auf Deutschland schauen, sondern mit Bewunderung.“

Bild: iaa-mobility.mediaportal.ai

Volle Offensive beim Heimspiel

Gut zu sehen, dass es vielen Menschen immer noch ums Auto geht, sich inzwischen sogar wieder behaupten lässt: Das Autoland ist zurück. Oder, wie es Geschäftsführer Jürgen Mindel für den gastgebenden Verband der Automobilindustrie (VDA) formuliert hat: „Das Auto ist und bleibt der wichtigste Anker der Mobilität.“ Nicht als Mythos, sondern gelebt. Tesla jedenfalls hat niemand vermisst in München. Beim Heimspiel sind die einheimischen Hersteller in die Offensive gegangen, in allen Spielarten. Mercedes setzt seine Hoffnungen auf die Elektrifizierung seines Erfolgsmodells GLC, BMW bringt als erstes Modell der Neuen Klasse den IX3, Volkswagen zeigt mit dem Konzept ID. Cross einen bezahlbaren Kompakt-SUV, Porsche präsentiert sein Spitzenmodell 911 Turbo S.

Bild: iaa-mobility.mediaportal.ai

…und es bewegt sich doch

Technologie trifft allerorten Nachhaltigkeit, was sogar den ehemaligen Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel zum Messebesuch treibt. Innovationskraft tun not, den auffällig präsentierten sich chinesische Hersteller wie BYD oder Xpeng mit riesigen Ständen. China drängt mit Macht nach Europa und insbesondere nach Deutschland, wo die Absatzzahlen bislang noch bescheiden sind. Mit Togg will künftig auch ein türkischer Hersteller ein Teil vom Kuchen. Die neue Bedeutung der IAA ist für die deutschen Hersteller klar – mehr Vielfalt im Wettbewerb bedeutet mehr Anstrengung. In München ist diese Aufbruchsstimmung allerorten zu spüren. Die Rückbesinnung auf die eigenen Stärken ist vielleicht die allerbeste aller Antriebsarten – und vermutlich auch die nachhaltigste. Das Autoland hat vor allem eins bewiesen: und es bewegt sich doch…

Bild: iaa-mobility.mediaportal.ai

Stadt, Land und Verkehrsfluss

Ein Auto braucht vor allem einen Antrieb: den Spaß am Fahren.

Warum sich dem Fahrspaß nicht philosophisch nähern, wie es die Kollegen von „ramp“ getan haben: „Das Auto umschließt, schmiegt sich an, relativiert das Belanglose und übererregt das Unwichtige, es schirmt ab – um uns unmittelbar den Horizont zu eröffnen.” Versprochen wird in dieser schönen Theorie auch ein geschützter Eigenraum mit Aussicht auf unendliche Optionen. Dann wollen wir mal uns mal öffnen…

Überland statt überhand

Der Autor fühlt sich wie ein Hybrid. Er nimmt Überland gern seinen hocheffizienten Verbrenner, denn er entscheidet sich ganz gern spontan für längere Fahrstrecken. In der Stadt, häufig ebenso impulsiv, ist der Elektriker vom Carsharing ungeheuer praktisch. Der wilde Wechsel folgt einem Grundsatz: Den eigenen inneren Antrieb lassen sich Kolumnisten generell nicht gern vorschreiben. Autofahrer können, dürfen, wollen noch Individualisten sein. Fern jeglicher Ideologie, der Vernunft gehorchend (hoffentlich). Straßen eröffnen häufig neue Welten, manchmal auch direkt vor der Haustüre.

Lass‘ uns das Fluchtfahrzeug nehmen

Tatsächlich spielt die Sehnsucht nach der Rückmeldung der Straße eine große Rolle beim Unterwegssein. Beseelt auch durch eine kluge Auto-Autorin, die ins Fahrtenbuch schrieb: „Wie man Fortbewegung empfindet, ist eine Frage von Wahrnehmungsfähigkeit und Kenntnis, es sollten daran alle Sinne ebenso beteiligt sein ebenso wie der Verstand. Es bleibt dann immer noch genug jenseits des Rationalen.“ Autos sind Fluchtfahrzeuge. Jedenfalls, wenn man Zeit und Lust hat. Momente, die man niemand erklären muss, aber fühlen kann.

Immer der Nadel nach

Zurück zum Staunen, zum fort-bewegen, im tieferen Wortsinn. Der Startknopf formuliert die Liebeserklärung. Mal an die Umgebung, mal ans Fahren selbst. Endlich wieder spüren, warum nicht auch die Straße? Das kann dann schon mal ein paar Autobahnkilometer länger gehen als geplant. Die Tanknadel hält sich wacker, und nach Lektüre des Blogbeitrags über den Zustand der Ladesäulen im Fernverkehr sind wir auch ganz froh darüber, dass wir nicht ans Kabel müssen.

Hindernisse in der GTÜ-Hauptstadt

Städte sind, anders als Autobahnen mit ihrer klar definierten Spurbreite, kaum fassbar. Sie dehnen und pressen, ducken und öffnen sich. Die GTÜ-Hauptstadt Stuttgart mit ihrer Topografie ganz besonders. Zusätzlich ist für Autos ein täglicher Hindernisparcours aus Baustellen, Umleitungen, Parken in zweiter Reihe aufgebaut. Das macht beim besten guten Willen auch im E-Auto wenig Spaß. Im Sommer schon gar nicht, wenn wir uns angesichts des vom Vormieter hinterlassenen Batteriezustandes erst gar nicht an den Schalter für die Klimaanlage herantrauen. Aber grundsätzlich ist stromern in der Stadt sinnvoll, dafür würden wir sogar ein Stück unserer Autonomie aufgeben – irgendwann.

Tanzen oder rütteln?

Neil Diamond empfindet in seiner großartigen Großstadthymne “Beautiful Noise” die Choreographie des New Yorker Straßenverkehrs sogar als romantisch, sieht die Autos zum Takt der Lichter tanzen. Häufige Car-Sharer hierzulande frönen gern einem anderen musikalischen Spielchen nach der Anmiete: Immer das erste Lied auf dem Sender hören, den der Vormieter eingestellt hatte. Mit einer grundsätzlichen Ausnahme: Ballermann-Hits gelten als No-Go im Car-to-Go. Kürzlich kam es aber gar nicht so weit. Der Cinquecento sperrte sich hartnäckig, obwohl die App längst freie Fahrt signalisiert hatte. Die Hotline riet daraufhin: kräftig rütteln. Aber es rührte sich nichts. Kein Fahrspaß. Aber immerhin haben wir uns dabei selbst emotional aufgeladen, noch dazu völlig emissionsfrei.

Zwei Monde, zwei Welten

Vielleicht erscheint Ihnen diese Kolumne zu unentschieden. Das ist pure Absicht, denn der Fahrspaß besitzt seine ganz eigene Neutralität. Denn dieses Vergnügen ist keine Frage der Motorisierung, nur eine der Gelegenheit. Haruki Murakami lässt in seinen literarischen Meisterwerken auch zwei Monde erscheinen. Warum sollten wir also nicht in zwei Welten fahren können – und uns für das jeweils Beste entscheiden?